Was wird aus Käferholz?

Intakte Fichtenwälder wie auf dem Titelbild zu sehen werden in Deutschland immer seltener. Hitze, Stürme und Trockenheit – die Folgen des Klimawandels – haben Auswirkungen auf unsere Waldbestände. Vor allem Fichten mit ihrem flachen Wurzelsystem sind geschwächt und dadurch anfälliger für Pilze und Insekten. Ist dieses Material für den Holzbau noch nutzbar?

Feind Nummer 1: Der Borkenkäfer

Holz, das durch Sturm, Trockenheit und/oder Schädlingsbefall geschädigt wird, nennt man Kalamitätsholz. Der Begriff ist aus dem Lateinischen calamita = Halmschaden, Unheil abgeleitet. Der Hauptverursacher für das Baumsterben wie zum Beispiel im Harz ist ein kleiner Parasit: der Borkenkäfer.

Im Sommer nisten sich junge Borkenkäfer in den frischen Trieben ihrer Wirtspflanzen ein. Sie befallen vorrangig geschwächte Bäume oder liegendes Holz. Gesunde Bäume können den Befall durch Ausharzen abwehren. Die Käfer hinterlassen Fraßgänge von bis zu einem Zentimeter Länge. Im Frühjahr zeigen befallene Zweige eine bräunliche Färbung. Triebe zwischen fünf und zwanzig Zentimetern Länge brechen häufig ab oder weisen Knicke an ihrer Basis auf. Gegen Ende der Sommermonate beginnt die zweite Entwicklungsphase der Käfer. Sie bohren sich in die Rinde geschwächter Bäume und legen in den entstehenden Muttergängen ihre Eier ab. Aus diesen Eiern schlüpfende Larven erzeugen zahlreiche weitere Fraßgänge, die dem lebenden Baum erheblichen Schaden zufügen. Im Larvenstadium überwintern die Käfer in der Rinde und verlassen den Baum, sobald die Temperaturen wieder steigen.

Ist ein Baum durch Hitze und Trockenheit geschwächt, wird er zum leichten Ziel für den Borkenkäfer. Nur gesunde Bäume können Insekten mit ihrem Harz abwehren.Adobe Stock – Rauno Kalda

Kalamitätsholz ist gut nutzbar!

Trotz des Insektenbefalls kann dieses „Käferholz“ für den konstruktiven Holzbau genutzt werden. Forstbetriebe werden sogar dazu angehalten, das Holz weiter zu verarbeiten. In seinen Materialeigenschaften und seiner Stabilität unterscheidet sich käferbefallenes Holz kaum von herkömmlichem Holz, weshalb es problemlos als Baumaterial eingesetzt werden kann. Der Borkenkäfer befällt nur den Bereich zwischen Rinde und Stamm, den Bast, der tragende Holzkern bleibt unbeschädigt. Außerdem wird bei der Holzverarbeitung das Material technisch getrocknet. Dabei werden jegliche verbliebenen Schädlinge sicher eliminiert, sodass das verarbeitete Holz garantiert käferfrei ist. Und auch die Festigkeit wird in jedem Fall geprüft.

Ein Nebeneffekt des Befalls ist eine bläulich-rote Verfärbung des Holzes durch den Bläuepilz, der mit dem Käfer eingeschleppt wird. Dieser Pilz ist ungiftig, und durch Trocknung wird seine Ausbreitung im Holz gestoppt. Da Konstruktionshölzer meist hinter Beplankungen bzw. Bekleidungen verschwinden, spielt hier eine optische Beeinträchtigung keine Rolle. Auf diese Weise wird das Holz weiterhin ökologisch sinnvoll im Holzbau verwendet. Aus „Käferholz Fichte“ lassen sich zum Beispiel durch die Verklebung kleinerer Querschnitte gerade und formstabile Konstruktionshölzer für den Holzrahmenbau herstellen.

Die leichte Verfärbung in diesem Konstruktionsholz aus „Käferholz“ mindert nicht seine Stabilität. Der Bläuepilz wird bei der Trocknung ebenso vollständig beseitigt wie der Käferbefall.

Ob das Holz in Deutschland auch in Zukunft zum Bauen reicht, lesen Sie in unserem Beitrag Holz ist ein weltweit begehrter Rohstoff. Welche Holzarten wir wofür nutzen, erfahren Sie im Artikel Holz ist nicht gleich Holz!.

Reicht das Holz in Deutschland zum Bauen?

Auf diese Frage werden die Holzbaubetriebe oft angesprochen. Holz gilt als DER Baustoff des 21. Jahrhunderts. Doch gerade in den letzten Monaten ist Bauholz, wie viele andere Baustoffe, knapper und teurer geworden. Kann ich mir einen Anbau oder sogar ein ganzes Haus aus Holz überhaupt noch leisten?

Zunächst gab es in Deutschland einen hohen Überschuss an Holz mit Borkenkäferbefall oder mit Sturmschäden. Von diesem sogenannten „Kalamitätsholz“ wurde viel exportiert, etwa nach China, und der Frischeinschlag wurde gedrosselt. Derzeit wird nur 85 % der sonst üblichen Menge eingeschlagen. Dies verschärft die Situation. Denn nun führt eine Ballung von ungünstigen Umständen zu einer Holzknappheit und einem Holzpreis-Boom. Gründe sind unterbrochene Lieferketten durch die Corona-Pandemie, Waldbrände in den USA, Schädlingsbefall in Kanada und Streitigkeiten im Welthandel – vor allem zwischen Kanada und den USA. Aufgrund des Baubooms in USA und China wird viel deutsches Holz exportiert. Der Weltmarktpreis hat sich verändert und somit ist auch der Holzpreis in Deutschland gestiegen.

Der Holzernter fällt die Bäume nicht nur, er befreit sie auch von allen Ästen und sorgt für den Transport an die Lagerstellen.hobacon GmbH & Co. KG

Aber ist das Holz in Deutschland wirklich knapp?

Nein, im Jahr 2021 gab es über mehrere Monate eine übergroße Nachfrage. Auslöser waren eine Vielzahl von Meldungen. Später stellte sich heraus, dass beim Holz das Gleiche passierte wie zuvor beim Toilettenpapier und Mehl. Die Lager wurden gefüllt, viel mehr als sonst. Also eine selbstverursachte vorübergehende Knappheit. Um die Verfügbarkeit zu verbessern, kann zudem auch Borkenkäferholz (Kalamitätsholz) wie herkömmliches Bauholz verwendet werden. Die Tragfähigkeit ist nicht beeinträchtigt, da der Borkenkäfer nicht in das Holz eindringt.

Holz hat Zukunft

Auf längere Sicht gesehen gibt es in Deutschland mehr als genug Holz, sodass auch in Zukunft das Nachhaltigkeitsprinzip des deutschen und europäischen Waldes weiter gegeben sein wird. Aktuell werden hierzulande weniger als 10 Millionen Kubikmeter jährlich für den Holzbau verwendet. Diese Menge lässt sich erhöhen. Denn sehr viel Holz wird für minderwertige Produkte genutzt oder sogar thermisch „verheizt“. Laut der B&L Marktdaten GmbH, die seit über 25 Jahren weltweite Marktprognosen für Branchen rund um das Bauen, Wohnen und Immobilien erstellt, wird sich der Schnittholzbedarf im konstruktiven Holzbau von 2020 bis zum Jahr 2030 um 65 % steigern.

Effizienter Rohstoffeinsatz durch sparsamen Holzrahmenbau

Mit der Ressource Holz sollte verantwortungsvoll umgegangen werden. Dies gelingt auch mit neuen Techniken der Materialeinsparung durch die Holzbau-Experten. Ein großer Vorteil des Holzrahmenbaus ist nicht nur der sparsame Holzbedarf, sondern auch die Möglichkeit der Vorfertigung. Dadurch wird enorm Zeit auf der Baustelle gespart. Das kommt dem Bauen in der Stadt sehr zugute, da es so zu weniger Störungen kommt. Alle Maße im Holzrahmenbau sind standardisiert, was Planung und Bau erheblich vereinfacht. Die Rastermaße, das heißt die Abstände der Holzstiele, lassen sich aus den Beplankungsbreiten ableiten. So ergibt sich das verbreitete Rastermaß von 62,5 cm aus dem üblichen Plattenmaß von 1,25 m. Der Abstand der Stiele lässt sich auf 83,5 cm erhöhen. Dadurch wird der Holzrahmenbau noch sparsamer. Rechnet man zusätzliche Holzstiele an Wandecken, Innenwandanschlüssen oder Fensteröffnungen sowie die horizontalen Hölzer, wie Schwellen, Rähme und Riegel hinzu, so kann der Holzanteil einer Holzrahmenbauwand im Durchschnitt bei ca. 20 % liegen. Das bedeutet ~80 % der tragenden Wand besteht aus Dämmstoff. Passend sind Naturfaserdämmstoffe, Zellulose oder auch weit verbreitet Mineralfaser. Trotz des hohen Dämmstoffanteils lassen sich auf diese Weise Gebäude mit fünf Geschossen und mehr realisieren.

Gut fürs (Raum)klima!

Der Werkstoff Holz schafft nicht nur ein gesundes Wohlfühlklima im eigenen Heim, Bäume leisten auch einen großen Beitrag zum Klimaschutz. Sie entziehen der Atmosphäre für ihr Holzwachstum das Treibhausgas CO₂, das hauptverantwortlich für den Anstieg der Erdtemperatur ist.

Im Zuge der Photosynthese brauchen Bäume für den Aufbau der Biomasse lediglich den Kohlenstoff (C) und setzen den Sauerstoff (O₂) wieder frei. Das Einsparpotenzial an CO₂ lässt sich aus dem Trockengewicht des Holzes ermitteln.

Je schwerer das Holz, desto mehr CO2 wird gespeichert.

Zur Berechnung des „Kohlendioxidspeichers“ Holz benötigt man die Darrdichte der Holzarten, also die Rohdichte von trockenem Holz. Da ca. 50 % der Holzmasse aus Kohlenstoff besteht, wird die Darrdichte durch zwei dividiert. Das Ergebnis ist das Gewicht von Kohlenstoff. Kohlenstoff verbindet sich bei Freisetzung mit zwei Sauerstoffatomen zu CO₂. Durch die hinzugekommenen zwei Sauerstoffatome ist das Molekül CO₂ schwerer als das Kohlenstoffatom alleine. Diese Umrechnung erfolgt mit dem Faktor 3,67. So können Sie für jede Holzart die CO₂-Speicherung berechnen.

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Eine 100-jährige Fichte speichert 2,6 Tonnen CO2

Eine 35 m hohe Fichte mit einem Alter von 100 Jahren hat einen Durchmesser von 50 cm (gemessen in 1,3 m Höhe). Das Holzvolumen inklusive Äste aber ohne Wurzeln beträgt 3,4 Kubikmeter. Die darin enthaltene gesamte Biomasse hat ein Trockengewicht von knapp 1,4 Tonnen; die Hälfte des Holzkörpers besteht aus Kohlenstoff, also 0,7 Tonnen. Das bedeutet: Eine 35 m hohe Fichte hat in 100 Jahren rund 0,7 Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Dies entspricht einer CO₂-Menge von 2,6 Tonnen (Umrechnungsfaktor 3,67).

Zum Vergleich: Wird ein Quadratmeter Wand im Wesentlichen aus Holz hergestellt, so werden in etwa 0,15 Kubikmeter Holz benötigt. Dieses CO₂ bleibt „gebunden“, wenn das Holz weiter als Baumaterial verwendet wird. Andere Baustoffe wie Ziegel, Beton oder Stahl sind wesentlich energieintensiver und verbrauchen CO₂ anstatt es zu binden. Je mehr andere CO₂ verursachende Materialien durch Holzprodukte ersetzt werden, desto mehr CO₂-Emissionen können vermieden werden. Man spricht von einem „Substitutionseffekt“.

Vollholz ist der Baustoff mit der besten Ökobilanz

Für das Ernten, Sägen und Bearbeiten von Holz ist der Energieaufwand relativ gering. Im Gegensatz dazu erfolgt die Herstellung von Stahl, Zement und Ziegeln bei sehr hohen Temperaturen, wodurch viel Energie benötigt wird. Ein Einfamilienhaus aus Holz kann durchschnittlich 80 Tonnen CO2 sparen im Vergleich zu einem Haus aus Stein oder Beton. Wer klimafreundlich bauen will, nutzt regionale Holzquellen aus nachhaltiger Forstwirtschaft.